Unzulässige Privilegierung von Hochhäusern

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Jedenfalls eine eine einzelne Anlage (Straße) betreffende Straßenausbaubeitragssatzung darf in Brandenburg nicht vorsehen, dass Grundstücke mit Hochhäusern hinsichtlich der Höhe des Beitrags gegenüber niedriger bebauten Grundstücken privilegiert werden.

Dies ergibt sich aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt / Oder vom 23.11.2011 (Az. 3 K 538/07). Im Hinblick auf die Begründung des Urteils steht zu erwarten, dass gleiches auch für allgemeine Ausbaubeitragssatzungen (solche, die alle Straßen in der Gemeinde betreffen) gilt.

Zum Hintergrund, Sachverhalt und Verständnis dieser Entscheidung:

  • Im Straßenausbaubeitragsrecht (Rechtsgrundlage im entschiedenen Fall: Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg) sind die Kosten der Errichtung einer Anlage entsprechend den Vorteilen zu verteilen, die die Grundstücke infolge der Baumaßnahme (Erneuerung, Verbesserung pp einer Straße) erlangen. Grundstücke die nicht oder nur eingeschossig bebaut werden werden daher niedriger veranlagt als Grundstücke, auf denen höhere Gebäude stehen bzw. solche zulässig sind.

  • Die Erhebung von Ausbaubeiträgen muss immer auf einer gemeindlichen Satzung beruhen. Diese sieht im Hinblick auf das Vorangestellte unterschiedliche, an die Bebaubarkeit anknüpfende Berechnungsfaktoren vor. Zum Beispiel wird die Grundstücksgröße bei Unbebaubarkeit mit dem Faktor 0,5, bei ein- und zweigeschossiger Bebauung mit dem Faktor 1, bei dreigeschossiger mit dem Faktor 1,5 usw. multipliziert, was dazu führt, dass bei höherer Bebaubarkeit auch der zu leistende Anteil an den Baukosten der Straße steigt. Dies ist beitragsgerecht, denn ein höher bebaubares Grundstück hat eine höhere Geschossfläche und lässt sich wirtschaftlich in stärkerem Maße ausnutzen, der Vorteil, den die Straße vermittelt, ist also höher. Bei der Bemessung der Faktoren und der Bildung von Grundstückskategorien, die mit einem bestimmten Faktor berechnet werden, hat eine Gemeinde grundsätzlich einen breiten Ermessensspielraum, sie darf aber nicht den eben dargestellten Beitragsgerechtigkeitsgedanken missachten.

  • Im entschiedenen Fall sah die gemeindliche Satzung vor: Eingeschossig bebaubare Grundstücke wurden mit dem Faktor 1,0, zweigeschossige mit dem Faktor 2 belegt; bei einer Bebaubarkeit mit drei, vier oder fünf Vollgeschossen steigerte sich der Faktor um jeweils 0,2 auf 1,5 bis 1,9, bei Bebaubarkeit mit sechs Vollgeschossen betrug der Faktor 2,0 und bei einer Bebaubarkeit mit sieben oder mehr Vollgeschossen betrug er 2,1.

  • Im entschiedenen Fall ging es um ein Abrechnungsgebiet, in dem es kaum ein- oder zweigeschossige Gebäude, viele Gebäude mit vier, fünf oder sechs Vollgeschossen und ein Hochhaus mit sechszehn Vollgeschossen gab.

Da Verwaltungsgericht erachtete die Ausbaubeitragssatzung als nichtig, weil der in ihr vorgesehene Beitragsmaßstab nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 8 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 6 Kommunalabgabengesetz Brandenburg genüge. Der wirtschaftliche Vorteil für die Grundstückseigentümer liege nach der für das Land Brandenburg maßgebenden obergerichtlichen Rechtsprechung nicht in den mit der voraussichtlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung oder Anlage verbundenen Vorteilen, sondern in der durch die Ausbaumaßnahme bedingten Erhöhung des Gebrauchswertes des betroffenen Grundstücks, wobei aber dem durch die jeweiligen Grundstücke ausgelösten Ziel- und Quellverkehr die Qualität eines Vorteilsindikators zukomme. Das 16stöckige Hochhaus sei lediglich mit dem Faktor 2,1 berücksichtigt worden und damit nur unwesentlich stärker bevorteilt behandelt worden als eine Vielzahl vorhandener fünfstöckiger oder sechsgeschossiger Gebäude, bei denen ein Faktor von 1,9 bzw. 2,0 angesetzt worden sei.

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